
Anlässlich des 35-jährigen Bestehens von KNX reflektiert Dr. Ute Bothe, eine der ersten weiblichen KNX Partner, in einem Interview mit Katie Rose über ihre Erfahrungen.
KNXtoday: Wie haben Sie KNX entdeckt und angefangen, mit KNX zu arbeiten?
UB: Es ist mehr als 30 Jahre her, dass ich mich als Systemintegratorin selbstständig gemacht und die Firma geSys gegründet habe. Ursprünglich war das nicht mein Lebensplan. Nach dem Psychologiestudium und der Promotion sah ich eine Karriere in der Wissenschaft und Forschung vor, doch die gesellschaftlichen Veränderungen Anfang der 1990er Jahre haben die Karten neu gemischt.
Auf KNX – damals noch EIB (Europäischer Installationsbus) genannt – stieß ich eher zufällig. Aus Interesse absolvierte ich ein Praktikum bei einem Elektrounternehmen in Erfurt. Das war für mich ein ganz anderes Feld, aber ich war fasziniert von dem, was damals in der Gebäudetechnik schon möglich war und was in Zukunft möglich werden könnte. Damit war für mich klar, dass dies mein neuer Berufsweg sein würde.

KNXtoday: Erzählen Sie uns, wie es zur Gründung Ihres Unternehmens geSys kam und welche Dienstleistungen Sie anbieten.
UB: Nachdem ich im Februar 1994 den KNX Zertifizierungskurs absolviert hatte, gründete ich am 1. April 1994 geSys. Von Anfang an lag der Schwerpunkt auf Dienstleistungen rund um KNX, von der Projektierung und Inbetriebnahme bis zur Visualisierung und Revitalisierung bestehender Anlagen. Gelegentliche Streifzüge durch andere Bussysteme festigten schließlich meine Entscheidung, mich auf KNX zu spezialisieren.
KNXtoday: Welche Projekte waren für Sie ein Highlight?
UB: Im Laufe der Jahre haben wir zahlreiche Projekte abgeschlossen, von öffentlichen, privaten und gewerblichen Objekten bis hin zu komplexen Steuerungssystemen für einzelne Räume, Schnittstellen zu einer Vielzahl von Gewerken und sogar ganze Gebäudekomplexe. Jedes Projekt ist auf seine eigene Weise interessant und erwähnenswert, aber ich habe drei ausgewählt.
Eines der ersten Projekte, bei dem EIB mit einer SPS (Speicherprogrammierbare Steuerung) eingesetzt wurde, war der Umbau einer Kaserne in Bad Bergzabern, Deutschland, zu einer Berufsschule mit Verwaltungsbereich. Das Projekt gehörte zu den zehn besten Finalisten bei der Verleihung des EIBA-Preises 1996 und wurde in der Sonderausgabe des Bus Guide 1996 vorgestellt.

Eine ganz andere Herausforderung stellte das Projekt Anger 1 in Erfurt dar, bei dem es darum ging, ein traditionelles Kaufhaus zu einem futuristischen Einkaufszentrum zu erweitern und umzubauen. Auch nach dem ersten Bau wurde dieses Projekt im Laufe der Jahre kontinuierlich weiterentwickelt und an die sich ändernden Bedürfnisse und Anforderungen angepasst.

Das aufgrund seiner Größe mit Abstand spektakulärste Projekt waren die Treptowers in Berlin. Dieses Projekt mit rund 15.000 KNX-Geräten schaffte es sogar auf die Werbe-CD des EIB-Vereins.

KNXtoday: In einem Interview für das KNX Professionals Journal 2016-17sagten Sie: „Jeder, der sich für Technik begeistert und eine anspruchsvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit sucht, kann KNX Systemintegrator werden. Warum nicht auch eine Frau?“ Welche Veränderungen haben Sie im Laufe der Jahre für Frauen in der Branche gesehen?
UB: Als ich 1994 anfing, war es sicherlich etwas ungewöhnlich, als Frau mit einem Universitätsabschluss als Systemintegratorin zu arbeiten, aber es war nie ein Problem. Die Anerkennung erfolgte nicht automatisch; ich musste sie mir verdienen, aber ich denke, das gilt für alle.
Ich kann nicht sagen, ob es damals noch andere Frauen gab, die als Systemintegratoren arbeiteten. Die Vernetzung erfolgte entweder persönlich auf Messen, Schulungen und anderen Fachveranstaltungen oder über Festnetz, Fax oder Laptop. Dies änderte sich mit dem Aufkommen von Mobiltelefonen und dem Internet, was es mir ermöglichte, mit anderen Systemintegratorinnen in Kontakt zu treten. Auch die Mitgliedschaft bei KNX Professionals Deutschland war von Vorteil, da ich durch regelmäßige Treffen Kontakte aufbauen und vertiefen konnte.
KNXtoday: Worauf freuen Sie sich für die Zukunft?
UB: Um Heinz Lux zu zitieren: „Was KNX besonders macht, sind die Menschen“. Vielleicht wird es in Zukunft mehr Frauen unter uns geben – Frauen, die sich für Technik und Menschen interessieren und bereit sind für eine spannende und herausfordernde Karriere.
Auch ich freue mich auf spannende Herausforderungen, neue Erfahrungen, interessante Menschen und darauf, in ein paar Jahren meine Erfahrungen und das Unternehmen an meinen Nachfolger weiterzugeben.
Dr. Ute Bothe ist KNX Systemintegratorin und Gründerin der geSys Gesellschaft für Gebäudesystemtechnik KNX.